Folge 1: Restaurierung von Bildstöcken und Martern

 

Restaurierung von Bildstöcken und Martern durch den Fränkische-Schweiz-Verein 2016 (1)*

Die Hostien-Marter in den Angerteilen

Diese Marter ist im Urkataster von 1843 bereits eingezeichnet.

Franz Zettler (1, Nr. 94) erwähnt eine Sage als Grund für diesen Bildstock neben der Angerkapelle: An einem Sonntagvormittag sollen junge Burschen aus Wohlmuthshüll in Pretzfeld bei der Kommunion gewesen sein. Auf dem Rückweg sollen sie hier an dieser Stelle einen Hostienfrevel begangen haben.

Es würde die Darstellung einer Monstranz mit Hostie, gehalten von zwei Engeln, erklären. Deshalb verwende ich die Bezeichnung „Hostien-Marter“. Dieses Motiv kommt so nicht häufig vor – eher bei Stationen von Prozessionen (2).

Zettler nennt für die Abbildung auf der anderen Seite „Taufe Johannes“. Es gibt zwar eine Taufe Jesu durch Johannes, hier handelt es sich aber eindeutig um eine Darstellung der Dreifaltigkeit (ohne Maria). Dieses Motiv (mit Maria – Aufnahme Mariens in den Himmel, bzw. Mariä Krönung) findet sich sehr oft in unserer Gegend und an den Wallfahrtswegen nach Gößweinstein (größter Dreifaltigkeitswallfahrtsort Deutschlands – s.www.pfarrgemeinde-goessweinstein.de).

Dreifaltigkeitsdarstellungen in Pretzfeld:
Hostienmarter
Altar der Angerkapelle
Im Aufzug des Hochaltars von St. Kilian
Relief am Richterkreuz (Überreste vom Fränkische-Schweiz-Verein sichergestellt)
Gößweinsteiner Wallfahrtsbild.

Kreisheimatpfleger Otto Voit (4, M206) datiert diesen Bildstockpfeiler aus Sandstein in die 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Auch bei ihm und bei Wikipedia „Liste der Baudenkmäler in Pretzfeld findet sich die falsche Information – hier „Taufe des hl. Johannes“. Wikipedia verweist noch darauf, dass diese Liste „nicht die rechtsverbindliche Auskunft der Denkmalschutzbehörde ersetzt.“ D. h. die Wikipedia-Liste ist überflüssig – hier würde ein Link reichen, weil Datenpflege an verschiedenen Stellen immer mit Aufwand und Fehlern verbunden ist.

Bei der Denkmalschutzbehörde ist unter der Nr. D-4-74-161-23 der Sachverhalt richtig beschrieben:
Bildstock, rechteckiger, oben eingezogener Schaft auf hohem Sockel, zweiseitiger Aufsatz mit Reliefdarstellung einer von Engeln gehaltenen Monstranz sowie Hl. Dreifaltigkeit, Sandstein, 1. Hälfte 18. Jh.; bei der Angerkapelle in den Kirschgärten.

Eine Korrektur von mir in Wikipedia wurde von einem Sachbearbeiter wieder storniert (zu wenig belegt). Auf meine Nachricht darauf wurde gar nicht geantwortet.
Die zwei seitlichen schmalen Reliefs zeigen eine Bischofsfigur (hier bei uns darf man annehmen Kilian) und eine Pieta (Vesperbild), die Mutter mit dem toten Sohn.

Kolb (3) spricht hier von einem eigenen Typ: das fränkische Vesperbild. Ein Merkmal ist nämlich der dem Betrachter zugewandte Körper/Oberkörper Christi (s. auch Darstellung in St. Kilian, rechts vom Kreuzaltar).

Bei einem schweren Unwetter 1988 brach durch herabfallende Äste die Aedikula („kleines Haus“, hier der Aufsatz) ab, und die Marter musste umfangreich instand gesetzt werden.

Josef Seitz schrieb schon in seiner Dokumentation über die Restaurierung der Kapelle 2007, dass anspruchsvolle Denkmalpflege zu einer gemeindlichen Daueraufgabe werde.

Der Fränkische-Schweiz-Verein unterstützt hier die Gemeinde – mit Eigenleistungen, soweit möglich, und auch finanziell in erheblichem Umfang – Wegkreuze, Angerkapelle, Nepomuk und jetzt die beiden Martern (der Begriff „Marterln“ im alpenländischen Raum betrifft eine andere Thematik).

Bei einem Kontrollgang mit dem Bamberger Restaurator Gerd Tippl, der schon in den letzten Jahren für Pretzfeld und den FSV tätig war, wurde die Restaurierung festgelegt.

Restaurierung
Oberflächenreinigung nass und mechanisch trocken
Entfernen aller biogenen Beläge und Verschmutzungen
Ergänzung von Steinbeschädigungen mit Steinersatzmasse
Festigung der gereinigten Steinoberfläche mineralisch mit Fixativ
Schutzlasur (Schutz der Marter bei Regen mit einer Folie vor dem Auswaschen der Lasur),
Beim Metallkreuz auf dem Bildstock:
2 Rostschutzanstriche
2 gelbe Lackfarbanstriche
Vergoldung mit Blattgold 23 ¾ Karat

Das Blattgold stammt aus Schwabach (Beinamen Goldschlägerstadt) und wird in Stärken von 1/3000 bis 1/10000 mm geliefert. Hier in unserem Fall wird im Außenbereich 1/3000 mm (entspricht einer Materialdicke von 0,000333 mm oder 0,333 µm) verwendet. Auf einen Acrylanstrich wird eine halbe Stunde vor dem Vergolden ein Klebemittel angebracht. Das aufgetragene Blattgold wird dann noch leicht poliert.

Fränkische-Schweiz-Verein

Hermann Bieger

Literatur:

(1) Die Flurdenkmäler im ehemaligen Landkreis Ebermannstadt, Franz Zettler, 1977,
Heft 1/2, Mitteilungsblätter der „Deutschen Steinkreuzforschung“, Jahrgang 33
(2) Bildstöcke und Martern in Franken, Josef Dünninger/Bernhard Schemmel, 1970,Stürtz Verlag Würzburg
(3) Wallfahrtsland Franken, Karl Kolb, 1979, Edition Kolb im Echter Verlag Würzburg
(4) Die Martern im Landkreis Forchheim, Otto Voit, 2007, Verlag Kulturamt des Landkreises Forchheim
(5) Pretzfeld II – Die Ortsteile, Reinhold Glas, 2007, Band 13 in der Schriftenreihe
des Fränkische-Schweiz-Vereins „Landschaft und Kultur“, Erlangen Palm & Enke

* Folge 2 betrifft die Geierstoß-Marter.